Für Frieder
“Du kannst damit fliegen!” sagt Andres, lächelt verschmitzt und deutet dann auf seinen Kopf: “hier.”
Ein Flug mit dem Hubschrauber oder dem Propellerflugzeug, eine Fahrt mit dem Motorrad oder dem Traktor – an diesem Ort ist alles möglich.
Es braucht nur ein klein wenig Phantasie, einen kleinen Schritt hinaus über das, was wir normalerweise für möglich halten – und schon können wir die Welt von oben sehen oder uns den Fahrtwind um die Nase wehen lassen.
Dies ist ein Text ist für alle Sachensucher und Schätzesammler, Himmelsstürmer, Freigeister und Tagträumer dieser Welt, für all die unkonventionell Kreativen und leidenschaftlich Begeisterungsfähigen, für alle bedingungslosen Menschenfreunde, für alle, die aus der Reihe tanzen und im Alltäglichen das Wunderbare entdecken, für alle, die sich ihre kindliche Freude und die Lust am Spielen nicht haben nehmen lassen.
Der vor drei Jahren verstorbene Schöpfer von Camping Hain muss all diese Qualitäten in sich getragen haben – wie sonst hätte er einen solchen Ort jenseits jeglicher Konventionen und ausschließlich aus alten, anderswo nutzlos gewordenen Dingen erschaffen können.
Über den Campingplatz zu gehen gleicht einer Entdeckungsreise – auf Schritt und Tritt stoßen wir auf ein Bauwerk, ein Detail, ein Kunstwerk, das uns überrascht, zum Lachen bringt, zum Spielen einlädt, staunen lässt.
Da sind die Fahr- und Flugzeuge, aus Altmetall zusammengeschweißt, da stehen Bäume aus zehntausenden leeren Glasflaschen, da verwandelt ein Sammelsurium aller nur erdenklichen Gegenstände die Wände eines Häuschens in ein Wimmelbild, da gibt es den Abenteuerspielplatz aus hunderten bunt angestrichener Paletten, eine lange Seilbahn hinweg über die Matschgrube, Hängebrücken, Rutschbahnen, Wippbalken, ein übergroßes Windspiel und dazwischen viele kleine und große Kunstwerke und Installationen aus bunten Flaschendeckeln, Altmetall, ausgedienten Elektrogeräten.
All das übt eine unwiderstehliche Faszination auf uns aus – viel mehr Zeit als gedacht verbringen wir hier. Und so geht es wohl vielen, die den Weg hierher finden: die kleine Gemeinschaftsküche ist bis unter das Dach voll mit auf Holztafeln geschriebenen Botschaften Reisender, die hier Zeit verbrachten, sich vom Geist dieses Ortes anstecken ließen und genau so fasziniert davon waren wie wir.
Als wir gehen wollen, ruft Andres, der Sohn des Gründers von Camping Hain, uns zurück. Ob wir wohl noch fünf Minuten Zeit hätten? Und dann zeigt er uns ein weiteres Herzensprojekt seines Vaters: eine raumfüllende Modelleisenbahnlandschaft. Hier hat sein Vater an den langen, dunklen Wintertagen mit unzähligen Details die Orte seines Lebens dargestellt. Einsam gelegene Häuschen, ein Sägewerk, die Bahnstation, einen Bauernhof, das Städtchen, die Berge, den See und schließlich den Campingplatz. Und zu unserer Freude entdecken wir sogar einen kleinen Deutz-Fahr Traktor.
Wie gut, dass es Menschen wie Andres und seinen Vater gibt, Menschen, die ein bisschen ver-rückt sind und Orte erschaffen, an dem es nur ein bisschen Mut und Phantasie braucht um fliegen zu können.
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