Endlich im Bus



Die Zeit in Buenos Aires war zu kurz. Ganz eindeutig. Darin sind wir uns alle einig. Der kleine Ausschnitt der Stadt, den wir gesehen haben, hat uns fasziniert und gerne wären wir noch ein paar Tage durch die Straßen gestromert.

Aber in Montevideo wartet unser Bus und Joschi ist noch nicht fit genug für längere Erkundungstouren. Wir nehmen wir uns fest vor, mit etwas mehr Zeit nochmals wiederzukommen.

Zum Glück sind unsere inneren Uhren noch lange nicht auf argentinische Zeit umgestellt und machen es uns damit leicht, unsere Unterkunft schon um 6 Uhr früh wieder zu verlassen.

Mit Hundebox, Reisetasche, fünf Rucksäcken und Joschi rattern wir durch das menschenleere, noch dunkle Buenos Aires zum Hafen.

Joschi muss wieder als Gepäck reisen – zum Glück mag er seine Box und lässt sich problemlos verladen.

Kurz bevor die Fähre ablegt, geht golden und strahlend die Sonne über Buenos Aires auf.

Wir fahren mit der Schnellfähre, die zweimal täglich die Hauptstädte Argentiniens und Uruguays miteinander verbindet. Zu Ehren des argentinischen Papstes trägt sie den Namen Francisco und möglicherweise hat es damit zu tun, dass das Schiff die gesamte Fahrt über von einem privaten Regenbogen begleitet wird. Vielleicht verdanken wir dieses wunderschöne Bild aber doch eher der aufgrund der enormen Geschwindigkeit hochaufspritzenden Gischt im Morgensonnenschein.

Wir überqueren den Rio de la plata (Silberfluss), einen aufgrund seiner enormen Breite von bis zu 220 km meeresartig wirkenden Zusammenfluss der beiden großen Ströme Patana und Uruguay. Auf die Küste Argentiniens zurückblickend wird uns nochmals die gewaltige Ausdehnung der Region Buenos Aires mit ihren 13 Millionen Einwohner*innen bewusst.

Nach knapp 3 Stunden legen wir im Hafen von Montevideo an, das uns schon bei der Ankunft im Vergleich sehr überschaubar erscheint. Die Einreiseformalitäten sind schnell und unkompliziert erledigt, für Joschi und die zahlreichen Bescheinigungen und Gesundheitsnachweise, die wir für ihn haben ausfertigen lassen, interessiert sich niemand. Wir sind froh, ihn wie der bei uns zu haben und machen uns auf den Weg zu Eduardo.

Eduardo ist der Agent unserer Verschiffungsagentur vor Ort. Er ist unser Schlüssel zum Hafen und damit zu unserem Bus.

Wir gehen davon aus, dass es mindestens zwei Tage dauern wird, alle notwendigen Papiere zusammen zu bekommen und den Bus abholen zu können, doch heute geht alles überraschen schnell und plötzlich. Kaum war Jan bei der entsprechenden Behörde, macht Eduardo sich mit ihm auf den Weg zum Hafen, lotst ihn souverän und freundlich durch das Hafenlabyrinth, vorbei an Schranken und Sicherheitspersonal bis zu einem Mitarbeiter mit einer großen Box voller Autoschlüssel. Jan darf sich einen aussuchen und verlässt froh und erleichtert mit unserem großen grünen Bus das Hafengelände. Entgegen vieler Erzählungen anderer Reisender wurde unser Bus nicht aufgebrochen, nichts wurde beschädigt oder gestohlen. Wie schön!

Während Jan mit Eduardo unterwegs war, fährt ein kompromissbreiter Taxifahrer (Hunde sind normalerweise in Taxis nicht erlaubt) Joschi, die Jungs, unseren Gepäckberg und mich zu unserem airbnb ein bisschen ausserhalb des Stadtzentrums.

Das Haus von Emi und Martha, einem mexikanisch-uruguaischen Künstlerpaar ist eine liebevoll und kreativ eingerichtete Wunderkiste voller kleiner Schätze, Bilder, Skulpturen, Spielsachen und vor allem vieler, vieler Pflanzen.

Aber: es ist Frühling in Uruguay und es ist kalt im Haus. Wir mummeln uns in Decken und sind froh, als Jan dann endlich zu uns stößt und wir nach telefonischer Rücksprache mit Emi den Gasofen zum Laufen gebracht haben. Die Heizdecken in den Betten und zahlreiche Wolldecken lassen die Nacht weniger kalt sein als befürchtet.

Auch Montevideo verlassen wir früher als ursprünglich geplant. Es ist zu unsicher, den Bus mehrere Tage an der Straße zu parken, Joschi steht der Sinn weiterhin noch nicht nach Stadterkundungstouren und nachdem der Bus nun schon fast vor der Türe steht, lockt es uns, in unser rollendes Zuhause umzuziehen.

Ein letztes Mal rattern wir mit Sack und Pack durch die Straßen. Ich wundere mich ein bisschen, wie sehr ich mich darüber freue, den Bus wiederzusehen – irgendwie ist er uns allen doch schon ans Herz gewachsen.

Wir verlassen Montevideo und endlich sehen wir das Meer. Die Straße Richtung Norden verläuft an der Küste entlang und wir können nicht anders, als schon nach wenigen Kilometern wieder anzuhalten, um den Blick auf den Atlantik zu genießen.

Palmen, Papageien, Muscheln, feinster Sand und auf den vorgelagerten Felsen sogar ein wohl verlassenes Seelöwenjunges lassen uns deutlich spüren, dass wir nun wirklich wirklich unterwegs sind, weit weg von zuhause und allem, was uns sonst normal erscheint. Da ist auch das Glücksgefühl wieder, die Lust, zu entdecken, kennenzulernen, neugierig zu sein, alles aufzusaugen …

Während wir an der Strandpromenade sitzen, machen wir die ersten Bekanntschaften mit den überaus freundlichen Uruguayos. Mehrmals werden wir gefragt, woher wir kommen, wird uns eine schöne Zeit gewünscht, bedanken sich die Menschen, dass wir ihr Land besuchen, möchten sie Fotos von unserem Bus machen… Wir sind überrascht und freuen uns sehr über dieses freundliche Willkommen.

Auch Joschi schließt erste Hundebekanntschaften und scheint das uruguayische Hundemädchen sehr attraktiv zu finden…

Unser Ziel für heute liegt ca. 70 km nördlich von Montevideo. Paraiso suizo. Ein Ort für Reisende, um sich zu erholen, die Weiterreise vorzubereiten, Kontakte zu knüpfen, Informationen auszutauschen. Silvia und Heinz, zwei Schweizer leben seit vielen Jahren hier und haben diesen schönen, freundlichen und hilfreichen Ort geschaffen.

Kurz vorher machen wir aber noch einen Abstecher zum Aguila. Der “Adler” ist das ehemalige Haus eines Schriftstellers, gebaut an der Steilküste in der Form eines Raubvogelkopfes mit weitem Blick über den kilometerweiten Sandstrand und die endlose Weite des Atlantik.

Es ist wunderbar, über den Strand zu schauen, das Rauschen der Wellen zu hören, den Wind im Gesicht zu spüren und den feinen Sand zwischen den Zehen. Das Wasser ist eiskalt und herrlich erfrischend. Genau der richtige Moment für einen Frühlingsschrei wie bei Ronja Räubertochter….

Im Schweizer Paradies angekommen erkunden Hannes und Mattis den Strand – nur 300 m vom Bus entfernt – und finden zahlreiche rätselhafte Fischköpfe und wunderschöne große Schneckenmuscheln.

Auf unser erstes Abendessen unter uruguayischem Himmel folgt nur noch ein kurzer Abend – wir sind müde von den vielen Eindrücken und mit der inneren Uhr noch irgendwo zwischen zuhause und hier…

Bevor ich einschlafe denke ich noch kurz an heute vor einem Jahr… An den wunderbar fröhlichen und beschwingten Abend voller Energie, Lachen und Übermut in einem kleinen roten Häuschen auf einer schwedischen Landzunge… Das war der Tag, an dem wir Luis, Hannes und Mattis sagten, dass wir kurz zuvor die Entscheidung getroffen hatten, unseren Traum von der großen Reise Wirklichkeit werden zu lassen.

Und jetzt sind wir hier, ganz am Anfang der Reise und doch schon mittendrin.


Kommentare

8 Antworten zu „Endlich im Bus“

  1. Avatar von Ronny Pfefferkorn
    Ronny Pfefferkorn

    Familie Pfefferkorn ist nun mit am Start und freut sich über Eure Einträge. Schön das es alles geklappt hat, genießt die Zeit zusammen und lasst es Euch gut gehen. Sind in Gedanken oft bei Euch! Alles Gute! Diana, Alma, Theo und Ronny

    1. Avatar von Anni
      Anni

      Hi, wie schön, von euch zu hören! Hoffentlich hattet ihr eine schöne Zeit auf der anderen Seite des Atlantik! Liebe Grüße!

  2. Avatar von Christoph
    Christoph

    Fahraway!
    Lieben Dank für den tollen Bericht, wir freuen uns schon auf den nächsten 😄
    Schön das es euch so gut geht, da packt mich gleich das Reisefieber…
    LG Christoph und co

    1. Avatar von Anni
      Anni

      🙂 neue Berichte gibt’s bald! Und das mit dem Reisefieber kann ich gut verstehen… Liebe Grüße an euch alle!

  3. Avatar von Silvi
    Silvi

    Gerade zurück aus einem kleinen schwedischen Häuschen, kann ich den Drang nach Freiheit und Ungezwungenheit gerade mehr als verstehen. Meine Mädels sind überglücklich daheim zu sein. Ich persönlich möchte jetzt gerne nach Schweden auswandern…..aber der Rest der Familie spielt nicht ganz mit. Obwohl die Kinder mit einem Hund und einem Pferd bestechbar wären….. Ich kann das Meer noch riechen und weiß, wie wundervoll das Entdecken sich jetzt anfühlen muß. Ich wünsche Euch Freiheit und Sicherheit und freue mich auf Eure Berichte.
    (Bosch hat übrigens in der Nähe von Malmö ein Werk……).
    Die Katze hat sich sehr über meine Rückkehr gefreut (für ca. 15 Minuten, dann wollte sie zurück nach draußen, ihre Freiheit genießen).
    Aber jetzt muß ich versuchen mich wieder in den Alltag einzufügen. So schön, daß ihr das nicht müßt.

    Alles Liebe

    Silvi

    1. Avatar von Anni
      Anni

      Hei, das klingt, als hättet ihr eine gute Zeit in Schweden gehabt! Und vielleicht habt ihr ja doch irgendwann euer eigenes kleines rotes Häuschen… Kommt jetzt aber erstmal wieder gut an! Liebe Grüße an alle!

  4. Avatar von Inge
    Inge

    Ich gratuliere von Herzen!
    Nach dem vielen bereits Erlebten, scheint das was noch vor euch liegt unbegreiflich.
    Wie schön, dass ich durch die Berichte nun mitreisen darf.

    Seid ihr sicher, dass der Uruguayan-Dog nichts mit Xanti zu tun hat? Kein Wunder hat er sich gleich mit Joschi verstanden.

    Alles Liebe weiterhin, eure Inge mit Xanti

    1. Avatar von Anni
      Anni

      Liebe Inge und Xanti, die Auswahl an Hundefreundinnen ist groß hier. Meistens ist Joschi aber wie gewohnt zu schüchtern 😉. Liebe Grüße auch an Manu und Familie!

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