Auch dieser Text beginnt wieder mit Sturm. Dieses mal richtig. Heftige Böen, 24 Stunden starker Dauerregen und Kälte. Puh! Alles feucht und klamm, aber die Dieselheizung macht es zum Glück muggelig warm im Bus. Aber es wird ein mühsamer Tag. Wir brauchen Wasser, müssen tanken und wir suchen einen Campingplatz (heiße Dusche! WLAN!).
Der ganze Küstenabschnitt jedoch scheint wie ausgestorben. Es gibt Campingplätze, es gibt auch kleine Dörfer – aber alles scheint geschlossen und verlassen. Die Dörfer, in unserem Reiseführer von 2008 noch als idyllische Fischerdörfer beschrieben, haben sich inzwischen deutlich erkennbar dem Tourismus verschrieben, teilweise mit reihenweise identischen Ferienhäuschen, teilweise alternativ geprägt mit bunten Läden, vegetarischen oder veganen Angeboten, handcraft und arts. Aber um diese Jahreszeit steht alles leer.
Immerhin gibt es in Punta del Diablo einen Wasserturm mit öffentlich zugänglichem Wasserhahn. Also packen wir uns in Regenjacken und -hosen, suchen alle verfügbaren Kanister und den großen Trichter zusammen und füllen Wasser in den Tank bis er voll ist und wir klatschnass. Wenigstens hat uns dieses Erlebnis wieder ein bisschen belebt und die gemeinschaftliche Aktion auch Spaß gemacht. Wie toll, dass wir einfach so den Wasserturm anzapfen konnten!
Nur ein Campingplatz findet sich einfach nicht. Mehrfach stehen wir vor verschlossenen Toren. “Cerrado. Paz amigo!” Auch gut. Was ist schon eine warme Dusche im Vergleich zu Frieden mein Freund? 😉
Wir beschließen den Parque Santa Teresa anzusteuern. Dies soll ein wunderschöner Nationalpark mit unzähligen unterschiedlichen Bäumen, Pflanzen und Tieren sein, in dem es wohl wirklich ganzjährig geöffnete Campingmöglichkeiten gibt.
Eine Tankstelle finden wir auch noch und so sind wir gerade wieder ganz guten Mutes, als ich lese, dass Tiere keinen Zutritt zum Park haben. Uff. Egal. Joschi muss sich ruhig verhalten und wir versuchen unser Glück. Etwas anders fällt uns heute nicht mehr ein.
Der Soldat am Eingang (der Park steht unter Aufsicht des Militärs) ist gut gelaunt und lässt uns auch kurz nach dem Ende der offiziellen Öffnungszeit noch ein. Das “Hunde verboten” Schild versuchen wir zu übersehen, fahren durch eine lange Palmenallee und erreichen schließlich den Campingbereich. Zum Glück sind wir auch hier fast alleine und so wagen wir es, zumindest eine kleine Runde mit Joschi durchs Unterholz zu gehen.
Mit leicht ungutem Gefühl sind wir trotzdem froh, nach diesem Tag einen Platz gefunden zu haben.
Am nächsten Morgen ist die Welt wieder trockener und lichter. Die Palme neben dem Bus macht gute Laune und das im Baum über dem Bus hängende riesige Vogelnest mit kleinem, kreisrunden Eingang lässt uns über möglicherweise angriffslustige Bewohner spekulieren. Wenig später löst sich das Rätsel und wir sehen die überall in Schwärmen auftauchenden leuchtend grünen Papageien ein und ausfliegen, die scheinbar in großen WGs darin laut kreischend miteinander darin leben.
Die Dusche übrigens ist wahlweise kalt oder kälter – auf jeden Fall aber sehr erfrischend 🙂
Später beschert der Park uns ein bisschen Urwaldgefühl als wir – ohne Joschi, der muss im Bus warten – auf einer kleinen Rundwanderung unter riesigen Eukalyptusbäumen und vielen anderen uns unbekannten Baumriesen hindurchgehen, den unterschiedlichsten Vogelstimmen lauschen und unseren ersten Kolibri entdecken.
Und am Ende des Weges stehen wir wieder am Strand, rennen der weit auf den Sand auslaufenden Brandung davon und sind wieder einmal fasziniert von den riesigen Atlantikwellen unterm grauen Himmel. Lange stehen wir einfach nur auf den Felsen einer Landspitze und staunen über das gewaltige immerwährende Donnern und Brausen.
Zum Abschluss – Joschi muss nochmal warten – treffen wir noch ein paar Tiere im kleinen zugehörigen Tierpark. Endlich sehen wir Capybaras (Wasserschweine), die großen Verwandten der Meerschweinchen, in echt und in großer Zahl, außerdem Pfaue, einen Alligator, Paviane, Schildkröten, verschiedenes Federvieh – aber seht einfach selbst:
Und nun sitzen wir an einem wirklich paradiesisch schönen Fleckchen Erde vor unserem Bus in der Sonne. In unmittelbarer Nähe des Parks haben wir an der Laguna Negra einen wunderschönen Stellplatz gefunden, nur wenige Schritte von mehreren kleinen, von rundgeschliffenen Felsen begrenzten feinsandigen Strandbuchten. Eine kleine Gruppe wilder Nandus ist gestern am Ufer entlang spaziert, zahlreiche unbekannte Vögel erfüllen die Luft mit für unsere Ohren noch exotischen Rufen und die Sonne wärmt uns wieder.
Hier bleiben wir nun zwei oder drei Tage. Die letzten knapp zwei Wochen waren so voll und intensiv mit so vielen neuen Eindrücken und viel Unterwegssein, dass wir das Bedürfnis haben, ein bisschen durchzuatmen, langsamer zu machen, uns auszuruhen. All das ist hier gut möglich. Hannes kann endlich angeln, Jan und ich können in aller Ruhe auf den Felsen in der Sonne Kaffee oder Matetee trinken, Mattis erkundet Felsbucht um Felsbucht und Luis brät Süßkartoffeln überm Feuer und bereitet gemeinsam mit Jan unser erstes kleines Asado zu… Wir genießen!
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